Staatsvertrag von St. Germain STGBI Nr. 303/1920

Artikel 66.

Alle österreichischen Staatsangehörigen ohne Unterschied der Rasse, der Sprache oder Religion sind vor dem Gesetze gleich und genießen dieselben bürgerlichen und politischen Rechte.

Unterschiede in Religion, Glauben oder Bekenntnis solle n keinem österreichischen Staatsangehörigen beim Genuß der bürgerlichen und politischen Rechte nachteilig sein, wie namentlich bei Zulassung zu öffentlichen Stellungen, Ämtern und Würden oder bei den verschiedenen Berufs- und Erwerbstätigkeiten. Keinem österreichischen Staatsangehörigen werden im freien Gebrauch irgend einer Sprache im Privat - oder Geschäftsverkehr, in Angelegenheiten der Religion, der Presse oder irgend einer Art von Veröffentlichungen oder in öffentlichen Versammlungen, Beschränkungen auferlegt. Unbeschadet der Einführung einer Staatssprache durch die österreichische Regierung werden nicht deutschsprechenden österreichischen Staatsangehörigen angemessene Erleichterungen beim Gebrauche ihrer Sprache vor Gericht in Wort oder Schrift geboten werden.

Anmerkung

1. Zum Gleichheitsgrundsatz siehe auch:

Art. 2, 3 und 14 Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder, RGBl. Nr. 142/1867; Art. 7 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930; Art. 14 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten samt Zusatzprotokoll, BGBl. Nr. 120/1958; BVG zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung,

BGBl. Nr. 390/1973; Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der

Frau, BGBl. Nr. 443/1982; Gleichbehandlungsgesetz, BGBl. Nr. 108/1979;

BG über die Gleichstellung von Südtirolern mit österreichischen Staatsbürgern auf bestimmten Verwaltungsgebieten, BGBl. Nr. 57/1979;

2. Zur gleichen Zugänglichkeit zu öffentlichen Ämtern siehe auch: Art. 3 Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder, RGBl. Nr. 142/1867;

Art. 8 Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955;

3. Hinsichtlich der Einführung einer Staatssprache siehe auch: Art. 8 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930; Art. 7 Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung eines

unabhängigen und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955; Volksgruppengesetz, BGBl. Nr. 396/1976; Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten, BGBl. Nr. 101/1959.

Artikel 67.

Österreichische Staatsangehörige, die einer Minderheit nach Rasse, Religion oder Sprache angehören, genießen dieselbe Behandlung und dieselben Garantien, rechtlich und faktisch, wie die anderen österreichischen Staatsangehörigen; insbesond ere haben sie dasselbe Recht, auf ihre eigenen Kosten Wohltätigkeits -, religiöse oder soziale Einrichtungen, Schulen und andere Erziehungsanstalten zu errichten, zu verwalten und zu beaufsichtigen mit der Berechtigung,

in denselben ihre eigene Sprachen nac h Belieben zu gebrauchen und ihre Religion frei zu üben.

Anmerkung

1. Siehe dazu auch:

Art. 7 und 8 B-VG; BGBl. Nr. 1/1930;

Art. 2 Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der

Staatsbürger für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und

Länder, RGBl. Nr. 142/1867;

Art. 7 Z 1 und 4 Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung

eines unabhängigen und demokratischen Österreich,

BGBl. Nr. 152/1955;

Art. 14 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und

Grundfreiheiten samt Zusa tzprotokoll, BGBl. Nr. 120/1958;

BVG zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die

Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung,

BGBl. Nr. 390/1973;

Art. IX Abs. 1 Z 6 EGVG 1950; BGBl. Nr. 172/1950.

2. Zur "Minderheitenfeststellung" siehe:

§ 12 Volkszählungsgesetz, BGBl. Nr. 199/1980.

Artikel 68.

Was das öffentliche Unterrichtswesen anlangt, wird die österreichische Regierung in den Städten und Bezirken, wo eine verhältnismäßig beträchtliche Zahl anderssprachiger als deutscher österreichischer Staatsangehöriger wohnt, angemessene Erleichterungen gewähren, um sicherzustellen, daß in den Volksschulen den Kindern dieser österreichischen Staatsangehörigen der Unterricht in ihrer eigenen Sprache erteilt werde. Diese Bestimmung wird die österreichische Regierung nicht hindern, den Unterricht der deutschen Sprache in den besagten Schulen zu einem Pflichtgegenstande zu machen.

In Städten und Bezirken, wo eine verhältnismäßig beträchtliche Anzahl österreichischer Staatsangehöriger wohnt, die einer Minderheit nach Rasse, Religion oder Sprache angehören, wird diesen Minderheiten von allen Beträgen, die etwa für Erziehung, Religions - oder Wohltätigkeitszwecke aus öffentlichen Mitteln in Staats -, Gemeinde- oder anderen Budgets ausgeworfen werden, ein angemessener Teil zu Nutzen und Verwendung ge sichert.

Anmerkung

Siehe dazu auch:

Art. 7 Z 2 bis 4 Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung

eines unabhängigen und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955;

Art. 8 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930;

Art. I § 7 Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten, BGBl. Nr. 101/1959;

Volksgruppengesetz, BGBl. Nr. 396/1976;

V, BGBl. Nr. 306/1977;

V, BGBl. Nr. 307/1977;

V, BGBl. Nr. 308/1977.