GESETZ ÜBER DEN SCHUTZ VON RECHTEN UND PFLICHTEN DER NATIONALEN MINDERHEITEN

 

ERSTER TEIL

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Gesetzgegenstand

Artikel 1

Mit diesem Gesetz wird die Art und Weise der Wahrnehmung von individuellen und kollektiven Rechten geregelt, die den Angehörigen der nationalen Minderheiten in der Verfassung der Bundesrepublik Jugoslawien oder in den internationalen Verträgen gewährleistet sind.

Mit diesem Gesetz wird auch der Schutz der nationalen Minderheiten vor jeder Form der Diskriminierung bei der Wahrnehmung von Rechten und Freiheiten geregelt, werden Instrumente festgelegt, durch die die besonderen Rechte der nationalen Minderheiten auf Selbstverwaltung in den Bereichen Bildung, Sprachgebrauch, Information und Kultur gewährleistet und geschützt werden und werden Einrichtungen zur Erleichterung der Beteiligung der Minderheiten an der Macht sowie an der Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten gegründet.

Die mit diesem Gesetz geregelten Fragen können in den Republik- und Provinzvorschriften gemäss Verfassung und Gesetz detailliert behandelt werden.

Bestimmung der nationalen Minderheit

Artikel 2.

Die nationale Minderheit ist gemäss diesem Gesetz jede Gruppe von Staatsangehörigen der Bundesrepublik Jugoslawien, die zahlenmässig hinreichend repräsentativ ist, obwohl sie im Gebiet der Bundesrepublik Jugoslawien die Minderheit stellt, einer der Bevölkerungsgruppen angehört, die zum Gebiet der Bundesrepublik Jugoslawien eine dauerhafte und feste Verbindung haben, die die Merkmale wie etwa Sprache, Kultur, nationale und ethnische Zugehörigkeit, Abstammung und Glaubensbekenntnis haben, durch die sie sich von der Bevölkerungsmehrheit unterscheiden und deren Angehörige gemeinsam dafür sorgen, ihre gemeinsame Identität, einschliesslich Kultur, Tradition, Sprache oder Religion, zu wahren.

Als nationale Minderheiten werden gemäss diesem Gesetz alle Gruppen von Staatsangehörigen erachtet, die sich als Völker, nationale und ethnische Gemeinschaften, nationale und ethnische Gruppen nennen oder bezeichnen und die im Absatz 1. dieses Artikels genannten Voraussetzungen erfüllen.

ZWEITER TEIL

HAUPTGRUNDSÄTZE

Diskriminierungsverbot

Artikel 3

Verboten ist jede Form der Diskriminierung auf nationaler, ethnischer, rassischer, sprachlicher Grundlage gegenüber den Personen, die den nationalen Minderheiten angehören.

Die Organe von Bund, Republik, autonomer Provinz, Stadt und Gemeinde dürfen weder Rechtsakte erlassen noch Massnahmen ergreifen, die dem Absatz 1. dieses Artikels widersprechen.

Massnahmen zur Gewährleistung der Gleichberechtigung

Artikel 4.

Die Machtorgane in der Bundesrepublik Jugoslawien können gemäss Verfassung und Gesetz Vorschriften, einzelne Rechtsakte erlassen und Massnahmen ergreifen , um die volle und effiziente Gleichberechtigung zwischen den Angehörigen der nationalen Minderheiten und den Angehörigen des Mehrheitsvolkes zu gewährleisten.

Die Machtorgane werden Rechtsakte erlassen und im Absatz 1 dieses Artikels genannte Massnahmen ergreifen zur Verbesserung der Lage von Personen, die der nationalen Minderheit der Roma angehören.

Vorschriften, einzelne Rechtsakte und Massnahmen aus dem Absatz 1. dieses Gesetzes können nicht als Diskriminierungsakt erachtet werden.

Freiheit des nationalen Bekenntnisses und der Äusserung

Artikel 5

Entsprechend der in der Verfassung der Bundesrepublik Jugoslawien proklamierten Freiheit des nationalen Bekenntnisses und der Äusserung der nationalen Zugehörigkeit darf niemand wegen des Bekenntnisses oder der Äusserung seiner nationalen Zugehörigkeit oder wegen des Enthaltens, dies zu tun, zu Schaden kommen.

Verboten ist jede Registrierung von Angehörigen der nationalen Minderheiten, durch die sie gegen ihren Willen verpflichtet werden, sich zu ihrer nationalen Zugehörigkeit zu bekennen.

Verboten ist jede Handlung und Massnahme zur gewaltsamen Assimilierung von Angehörigen der nationalen Minderheiten.

Recht auf Zusammenarbeit mit den Landsleuten im In- und Ausland

Artikel 6.

Angehörigen der nationalen Minderheiten steht das Recht zu, in der Bundesrepublik Jugoslawien und über ihre Grenzen hinaus die friedliebenden Beziehungen mit den Personen frei zu knüpfen und zu pflegen, die sich in anderen Staaten gesetzmässig aufhalten, insbesondere mit denjenigen, mit welchen sie eine gemeinsame ethnische, kulturelle, sprachliche und religiöse Identität oder ein gemeinsames Kulturerbe haben.

Der Staat kann Erleichterungen zur Wahrnehmung des im Absatz 1 dieses Artikels genannten Rechtes vorsehen.

Plicht der Achtung der Verfassungsordnung, der Gundsätze des Völkerrechts und der öffentlichen Moral

Artikel 7.

Verboten ist der Missbrauch der in diesem Gesetz verankerten Rechte, der auf einen gewaltsamen Sturz der Verfassungsordnung, die Beeinträchtigung der territorialen Integrität der Bundesrepublik Jugoslawien und der Teilrepubliken auf die Verletzung garantierter Freiheiten und Rechte von Menschen und Bürgern und auf die Auslösung der nationalen, rassischen und religiösen Intoleranz und des Hasses ausgerichtet ist .

Die in diesem Gesetz vorgesehenen Rechte dürfen nicht zum Erreichen von Zielsetzungen genutzt werden, die den Grundsätzen des Völkerrechts widersprechen oder gegen die öffentliche Sicherheit, die Moral oder die Gesundheit der Menschen gerichtet sind.

Die Wahrnehmung der in diesem Gesetz garantierten Rechte kann sich nicht auf die sich aus der Staatsangehörigkeit ergebenden Pflichte und die Verantwortung auswirken.

Schutz erworbener Rechte

Artikel 8.

Mit diesem Gesetz werden die aufgrund der Vorschriften, die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes angewendet wurden, sowie aufgrund der- internationalen Verträge, denen die Bundesrepublik Jugoslawien beigetreten hat, erworbenen Rechte weder abgeändert noch aufgehoben.

DRITTER TEIL

RECHT AUF WAHRUNG DER BESONDERHEITEN

Wahl und Benutzung des persönlichen Namens

Artikel 9.

Den Angehörigen der nationalen Minderheiten steht das Recht auf freie Wahl und Benutzung des persönlichen Namens und der Namen ihrer Kinder sowie auf die Eintragung dieser persönlichen Namen in alle öffentlichen Urkunden , in die Amtsregister und in die Register der Personalangaben nach der Sprache und Rechtschreibung von Angehörigen der nationalen Minderheit zu.

Das im Absatz 1. dieses Artikels genannte Recht schliesst eine parallele Eintragung des Namens auch nach der serbischen Rechtschreibung und in serbischer Schrift nicht aus.

Recht auf den Gebrauch der Muttersprache

Artikel 10.

Angehörige der nationalen Minderheiten dürfen ihre Sprache und Schrift privat und öffentlich frei gebrauchen.

Amtlicher Gebrauch von Sprache und Schrift

Artikel 11.

Im Gebiet einer Einheit der lokalen Selbstverwaltung, wo traditionsgemäss Angehörige der nationalen Minderheiten leben, dürfen ihre Sprache und Schrift gleichberechtigt im amtlichen Gebrauch sein.

Die Einheit der lokalen Selbstverwaltung wird den gleichberechtigten amtlichen Gebrauch von Sprache und Schrift einer nationalen Minderheit obligatorisch einführen, falls den Ergebnissen der letzten Volkszählung zufolge der Anteil von Angehörigen der betreffenden nationalen Minderheit an der Gesamtzahl der Bevölkerung in ihrem Gebiet bei 15% liegt.

In der Einheit der lokalen Selbstverwaltung, in der zum Zeitpunkt der Verabschiedung dieses Gesetzes die Sprache der nationalen Minderheit im amtlichen Gebrauch ist, wird sie im amtlichen Gebrauch auch künftig bleiben.

Der im Absatz 1 dieses Artikels genannte amtliche Gebrauch der Sprache der nationalen Minderheiten setzt insbesondere voraus: den Gebrauch der Sprache der nationalen Minderheiten im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sowie die Führung des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens in der Sprache der nationalen Minderheit, den Gebrauch der Sprache der nationalen Minderheit im Verkehr der mit öffentlichen Vollmachten ausgestatteten Behörden mit den Bürgern; die Ausstellung öffentlicher Urkunden und die Führung der Amtsregister und der Register der Personalangaben in den Sprachen der nationalen Minderheiten und die Behandlung der Urkunden in diesen Sprachen als vollgültig , den Gebrauch der Sprache auf den Stimmzetteln und in den Wahlunterlagen; den Gebrauch der Sprache bei der Arbeit der Vertretungsgremien.

In den im Absatz 2 dieses Artikels genannten Gebieten werden Namen der mit öffentlichen Vollmachten ausgestatteten Behörden, Namen der Einheiten der lokalen Selbstverwaltung, Namen von besiedelten Orten, Plätzen und Strassen sowie andere Toponyme auch in der Sprache der betreffenden nationalen Minderheit gemäss ihrer Tradition und Rechtschreibung ausgeschrieben.

Die Bundesgesetze und -vorschriften werden auch in den Sprachen der nationalen Minderheiten gemäss einer besonderen Vorschrift veröffentlicht.

Angehörige der nationalen Minderheiten, deren Anteil an der Gesamtzahl der Bevölkerung in der Bundesrepublik Jugoslawien der jüngsten Volkszählung zufolge mindestens bei 2% liegt, dürfen die Bundesbehörden in ihrer Muttersprache anschreiben und haben das Recht auf Antwort in derselben Sprache.

Ein Abgeordneter in der Bundesversammlung, der einer nationalen Minderheit angehört, deren Anteil an der Gesamtzahl der Bevölkerung der Bundesrepublik Jugoslawien der jüngsten Volkszählung zufolge mindestens bei 2% liegt, hat das Recht, in der Bundesversammlung in seiner Sprache zu sprechen, was in den Geschäftsordnungen der beiden Kammer der Bundesversammlung detailliert geregelt werden soll.

Recht auf Kultur- und Traditionspflege

Artikel 12.

Die Äusserung, Wahrung, Pflege, Entfaltung, Übertragung und offene Bekundung der nationalen und ethnischen, kulturellen, religiösen und sprachlichen Besonderheit als Teil der Tradition der Bürger, der nationalen Minderheiten und deren Angehörigen ist ihr unveräusserliches individuelles und kollektives Recht.

Zur Wahrung und Entfaltung der nationalen und ethnischen Besonderheit haben Angehörige der nationalen Minderheiten das Recht, besondere Kultur-, Kunst- und wissenschaftliche Einrichtungen, Gesellschaften und Verbände in allen Bereichen des Kultur- und Kunstlebens zu gründen.

Die im vorliegenden Absatz genannten Einrichtungen, Gesellschaften und Verbände entfalten selbständig ihre Tätigkeit. Der Staat wird sich an der Finanzierung dieser Gesellschaften und Verbände entsprechend seiner Möglichkeiten beteiligen.

Zur Anregung und Unterstützung der im Absatz 2 dieses Artikels genannten Einrichtungen, Gesellschaften und Verbände können besondere Stiftungen ins Leben gerufen werden.

Museen, Archive und Einrichtungen zum Schutz von Kulturdenkmälern, die vom Staat gegründet wurden, werden Präsentation und Schutz des kultur-historischen Erbes der nationalen Minderheiten in ihrem Gebiet gewährleisten. Die Vertreter der Nationalräte werden über die Art und Weise der Präsentation des kultur-historischen Erbes ihrer Gemeinschaft mitentscheiden.

Schulung in der Muttersprache

Artikel 13.

Die Angehörigen der nationalen Minderheiten haben das Recht auf Erziehung und Bildung in ihrer Sprache in den Vorschul-, Grundschul- und Mittelschuleinrichtungen.

Wenn zum Zeitpunkt der Verabschiedung dieses Gesetzes die Bildung in der Sprache der nationalen Minderheit im Rahmen des Systems der öffentlichen Bildung für die im Absatz 1. dieses Artikels genannten Angehörigen der nationalen Minderheit nicht vorhanden ist, ist der Staat verpflichtet, die Voraussetzungen für die Bildung in der Sprache der nationalen Minderheit zu schaffen, und bis dahin den zweisprachigen Unterricht oder den Sprachunterricht für die nationale Minderheit mit den Elementen der nationalen Geschichte und Kultur zu ermöglichen.

Zur Wahrnehmung des in den Absätzen 1. und 2. dieses Artikels genannten Rechtes kann eine bestimmte Mindestzahl von Schülern vorgeschrieben werden, unter der Voraussetzung, dass diese Zahl unter der Mindestzahl der Schüler liegen darf, die zur Gewährleistung entsprechender Formen von Unterricht und Bildung gesetzmässig vorgeschrieben ist.

Die Bildung in der Sprache der nationalen Minderheit schliesst das obligatorische Erlernen der serbischen Sprache nicht aus.

Das Unterrichtsprogramm für die im Absatz 1 dieses Artikels genannte Bildung wird in jenem Teil, der nationale Inhalte behandelt, in bedeutendem Masse Themen aus den Bereichen Geschichte, Kunst und Kultur der nationalen Minderheiten enthalten.

Die Ausarbeitung des Lehrplans für die Lehrfächer, die die Besonderheiten der nationalen Minderheiten in der Sprache der nationalen Minderheiten zum Ausdruck bringen, für den zweisprachigen Unterricht und für den Sprachunterricht für die nationalen Minderheiten mit den im Absatz 1 dieses Artikels genannten Elementen der nationalen Kultur erfolgt unter obligatorischer Mitwirkung von Nationalräten der nationalen Minderheiten.

Der Lehrplan und das Arbeitsprogramm in den Bildungseinrichtungen und in den Schulen mit dem Unterricht in serbischer Sprache sollen den Lehrstoff mit den Themen in den Bereichen Geschichte, Kultur und Lage der nationalen Minderheiten sowie andere Inhalte enthalten, die die gegenseitige Toleranz und das Miteinanderleben fördern. In den Gebieten, wo die Sprache der nationalen Minderheit im amtlichen Gebrauch ist, soll in den Lehrplänen und -programmen in den Bildungseinrichtungen und Schulen in serbischer Sprache die Möglichkeit des Erlernens auch der Sprache der nationalen Minderheit geboten werden.

Artikel 14.

Zur im Artikel I3., Absatz 1 genannten Bildung in den Sprachen der nationalen Minderheiten werden im Rahmen der Fachhochschul- und Hochschulbildung Lehrstühle und Fakultäten bereitgestellt werden, an welchen die Erzieher und Lehrer für die Sprachen der nationalen Minderheiten in den Sprachen der nationalen Minderheiten oder zweisprachig ausgebildet werden.

Neben der im vorstehenden Absatz dieses Artikels genannten Fachhochschul- und Hochschulbildung wird die Fakultät das Lektorat in den Sprachen der nationalen Minderheiten organisieren, wo die Studenten , Angehörige der nationalen Minderheiten, Fachbegriffe auch in der Sprache der nationalen Minderheit werden beherrschen können.

Ausser der in den Absätzen 1. und 2. dieses Artikels genannten Verpflichtungen wird der Staat auch die Fachausbildung und therminologische Fortbildung der Lehrer für die im Absatz 1 dieses Artikels genannten Bildungszwecke unterstützen.

Der Staat wird die internationale Zusammenarbeit mit dem Ziel unterstützen, Möglichkeiten für das Studieren von Angehörigen der nationalen Minderheiten im Ausland in ihrer Muttersprache zu schaffen und die so erworbenen Diplome gesetzmässig anzuerkennen.

Artikel 15.

Die Angehörigen der nationalen Minderheiten haben das Recht, private Bildungseinrichtungen, Schulen oder Universität zu gründen, wo sie die Bildung gemäss Gesetz in den Sprachen der nationalen Minderheiten oder zweisprachig organisieren können.

Die Bildung in den Sprachen der nationalen Minderheiten darf auch von einheimischen und ausländischen Organisationen, Stiftungen und privaten Personen gemäss Gesetz mitfinanziert werden.

Für die im vorstehenden Absatz genannten finanziellen Spenden und Spenden anderer Art wird der Staat gewisse Begünstigungen und die Befreiung von Abgaben gewährleisten.

Gebrauch nationaler Symbole

Artikel 16.

Den Angehörigen der nationalen Minderheiten steht das Recht auf Wahl und Gebrauch nationaler Symbole und Wahrzeichen zu.

Das nationale Symbol und Wahrzeichen dürfen mit dem Symbol und Wahrzeichen eines anderen Staates nicht identisch sein.

Die nationalen Symbole, Wahrzeichen und Feiertage der nationalen Minderheiten werden von den Nationalräten vorgeschlagen. Die Symbole, Wahrzeichen und Feiertage werden vom Bundesrat für nationale Minderheiten bestätigt.

Von den Symbolen und Wahrzeichen der nationalen Minderheiten darf an den Staatsfeiertagen und an den Feiertagen der nationalen Minderheiten an den Gebäuden und in den Räumen lokaler Behörden und Organisationen mit öffentlichen Vollmachten amtlich Gebrauch gemacht werden in den Gebieten, wo die Sprache der nationalen Minderheit im amtlichen Gebrauch ist.

Neben den Wahrzeichen und Symbolen der nationalen Minderheit muss beim im Absatz 4 dieses Artikels genannten amtlichen Gebrauch auch von den Wahrzeichen und Symbolen der Bundesrepublik Jugoslawien bzw. einer der Teilrepubliken Gebrauch gemacht werden.

Öffentliche Information in den Sprachen der nationalen Minderheiten

Artikel l7.

Die Angehörigen der nationalen Minderheiten haben das gewisse Recht auf vollständige und objektive Information in ihrer leisten. Sprache, einschliesslich des Rechtes auf Entgegennahme,

Verbreitung und Austausch von Informationen und Ideen über die Presse und andere Massenmedien.

Der Staat wird in den Radio- und Fernsehprogrammen Informations-, Kultur- und Bildungsinhalte in den Sprachen der nationalen Minderheiten gewährleisten, darf aber auch besondere Radio- und Fernsehsender gründen, die Programme in den Sprachen der nationalen Minderheiten senden würden.

Die Angehörigen der nationalen Minderheiten haben das Recht, Medien in ihrer Sprache zu gründen und aufrechtzuerhalten.

VIERTER TEIL

WIRKUNGSVOLLE MITENTSCHEIDUNG ÜBER FRAGEN DER BESONDERHEITEN, BEI DER MACHTAUSÜBUNG UND BEI DER VERWALTUNG

Bundesrat für nationale Minderheiten

Artikel 18.

Die Bundesregierung der Bundesrepublik Jugoslawien wird zur Wahrung, Förderung und zum Schutz der nationalen, ethnischen, religiösen, sprachlichen und kulturellen Besonderheiten von Angehörigen der nationalen Minderheiten sowie zur Wahrnehmung ihrer Rechte den Bundesrat für nationale Minderheiten (nachstehend: Rat) gründen.

Die Zusammensetzung und Zuständigkeit des Rates werden von der Bundesregierung festgesetzt.

Die Vertreter der nationalen Räte der nationalen Minderheiten werden Mitglieder des Rates sein.

Nationale Räte der nationalen Minderheiten

Artikel l9.

Die Angehörigen der nationalen Minderheiten dürfen die nationalen Räte (nachstehend: Rat) wählen zur Wahrnehmung des Rechtes auf Selbstverwaltung in den Bereichen Gebrauch von Sprache und Schrift, Bildung, Informationswesen und Kultur.

Der Rat ist eine juristische Person.

Der Rat zählt mindestens 15 und höchstens 35 Mitglieder je nach der Gesamtzahl von Angehörigen einer nationalen Minderheit, die für den Zeitraum von vier Jahren gewählt werden.

Der Rat erlässt gemäss Verfassung und Gesetz sein Statut und seinen Haushalt.

Der Rat wird aus dem Haushalt und von den Geldspenden finanziert. : Das Register der gewählten Räte führt die dafür zuständige Bundesbehörde.

Der Rat vertritt die nationale Minderheit in den Bereichen. amtlicher Gebrauch der Sprache, Bildung, Information in der Sprache der nationalen Minderheit und Kultur, wirkt beim Entscheidungsprozess mit oder entscheidet über Angelegenheiten in diesen Bereichen und gründet Einrichtungen in diesen Bereichen.

Die Organe des Staates, der Gebietsautonomie oder die Einheiten der lokalen Selbtsverwaltung ersuchen bei der Entscheidung über die im Absatz 8. dieses Artikels genannten Angelegenheiten den Rat um seine Meinung.

Der Rat darf sich an die im Absatz 8. dieses Artikels genannten Machtorgane im Zusammenhang mit allen Angelegenheiten wenden, die die Rechte und Lage der nationalen Minderheit beeinflussen.

Die Vollmachten in den im Absatz 7. dieses Artikels genannten Bereichen können teilweise auf die Räte übertragen werden, und der Staat wird die für die Umsetzung dieser Zuständigkeiten erforderlichen Finanzmittel bereitstellen.

Bei der Festsetzung von Umfang und Art der im Absatz 10. dieses Artikels genannten Vollmachten werden auch Forderungen des nationalen Rates mitberücksichtigt.

Die Räte werden nach dem Prinzip der Freiwilligkeit, des Wahlrechts, der Proportionalität und demokratischer Eigenschaften gebildet.

Die Wahlregel über die Wahl der nationalen Räte werden gesetzlich geregelt.

Bundesfonds für nationale Minderheiten

Artikel 20.

Zur Förderung der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und allgemeinen Entwicklung der nationalen Minderheiten wird der Bundesfonds gebildet (nachstehend: Fonds).

Der Fonds finanziert mit den Haushaltsmitteln Aktivitäten und Projekte, die die Verbesserung der Lage und die Entwicklung des Kulturschaffens der nationalen Minderheiten bezwecken.

Die Bundesregierung wird zusätzliche Vorschriften erlassen, mit welchen die Zusammensetzung und der Aufgabenbereich des Fonds geregelt werden soll.

Beteiligung am öffentlichen Leben und Gleichberechtigung bei der Beschäftigung in öffentlichen Diensten

Artikel 21.

Bei der Beschäftigung in öffentlichen Diensten, einschliesslich der Polizei, wird die nationale Zusammensetzung der Bevölkerung, die angemessene Vertretung und die Beherrschung der Sprache, die im Gebiet des Organs oder des Dienstes gesprochen wird, berücksichtigt.

FÜNFTER TEIL

SCHUTZ VON MINDERHEITENRECHTEN , UND -FREIHEITEN

Verbot der Beeinträchtigung der Minderheitenrechte

Artikel 22.

Massnahmen, die das Verhältnis der Bevölkerung in den mit nationalen Minderheiten besiedelten Gebieten verschieben und die die Wahrnehmung der Rechte von Angehörigen der nationalen Minderheiten erschweren, sind verboten.

Gerichtlicher und verfassungsrechtlicher Schutz der Rechte

Artikel 23.

Die Angehörigen der nationalen Minderheiten und die nationalen Räte der nationalen Minderheiten können die Klage auf Schadenersatz beim zuständigen Gericht einreichen.

Das Bundesministerium für nationale und ethnische Gemeinschaften und der nationale Rat der nationalen Minderheit werden bevollmächtigt, gemäss den Bestimmungen des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht einzureichen, sollten sie eingeschätzt haben, dass die Verfassungsrechte und -freiheiten von Angehörigen der nationalen Minderheit verletzt wurden oder wenn sie von einem Angehörigen einer nationalen Minderheit angesprochen werden, dessen Verfassungsrechte und -freiheiten nach seiner Ansicht verletzt wurden.

SECHSTER TEIL

üBERGANGS- UND SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 24.

Die im Artikel 19., Absatz 13. dieses Gesetzes genannten nationalen Räte werden bis zur Verabschiedung des Gesetzes von den Elektorenversammlungen der nationalen Minderheiten gewählt.

Die im Absatz 1 dieses Artikels genannten Elektoren der nationalen Minderheiten können Bundes- und Republikabgeordnete sowie Abgeordnete in den Versammlungen der autonomen Provinzen sein, die in diese Ämter aufgrund ihrer Zugehörigkeit einer nationalen Minderheit gewählt wurden, oder die sich als Angehörige einer nationalen Minderheit bezeichnen und die Sprache der Minderheit sprechen.

Die im Absatz 1. dieses Artikels genannten Elektoren der nationalen Minderheiten können auch Abgeordnete sein, die die Angehörigen einer nationalen Minderheit sind und in den Einheiten der lokalen Selbstverwaltung gewählt wurden, in welchen die Minderheitensprache im amtlichen Gebrauch ist.

Das Recht, Elektor zu werden, hat auch jeder Bürger, der sich als Angehöriger einer nationalen Minderheit bezeichnet und dessen Kandidatur von mindestens l00 wahlberechtigten Angehörigen der nationalen Minderheit unterstützt wird oder der von einer nationalen Organisation oder einem Verband der nationalen Minderheit kandidiert wurde.

Die sonstigen im Zusammenhang mit der Zuständigkeit und der Arbeitsweise der Elektorenversammlungen der nationalen Minderheiten stehenden Fragen werden von dem für die Minderheitenrechte zuständigen Bundesorgan binnen 30 Tagen nach Inkrafttreten dieses Gesetzes geregelt werden.

Artikel 25.

Dieses Gesetz tritt acht Tage nach der Veröffentlichung im "Amtsblatt der BRJ" in Kraft.

Forrás: Zakon o zaštiti prava i sloboda nacionalnih manjina, Beograd: Savezno Ministarstvo nacionalnih i etnièkih zajednica, s.a., 217—232.